Hunger Die Bekämpfung von Hunger und der gerechte Zugang zu gesunder und ausgewogener Ernährung sind eine globale Herausforderung und ein Kernanliegen der DEZA.
815 Millionen Menschen hungern
weltweit. Jeder neunte Mensch auf dieser Erde geht hungrig schlafen. Alle zehn
Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Mangel- oder Unterernährung. Zum
ersten Mal seit der Hungersnot in Äthiopien in den 80er-Jahren steigt die Zahl
der vom Hunger betroffenen Menschen wieder an.
Die Weltbevölkerung wächst stetig und die Ernährungsgewohnheiten ändern
sich. Kleinbauern sind ein wichtiger Motor für Beschäftigung und ländliche
Entwicklung in den meisten Regionen der Welt.
In Asien und Sub-Sahara-Afrika werden rund 80% des Kulturlandes von
Familienbetrieben bewirtschaftet, sie sind somit die wichtigsten
Lebensmittelproduzenten.
Niger
Aufgrund konjunktureller
und struktureller Probleme ist die Ernährungslage im Niger immer wieder prekär.
Die Ursachen der Ernährungskrise sind vielschichtig und komplex. Seit den
1970er-Jahren erlebte das Land sieben grössere Nahrungsmittelkrisen. Rund 80%
der Bevölkerung leben im ländlichen Raum, und mehr als 60% der Menschen leben
unter der Armutsgrenze.
Um auf akute Notsituationen
zu reagieren sowie die Ursachen von Hunger nachhaltig und ganzheitlich
anzugehen, ist eine enge und zeitgleiche Zusammenarbeit zwischen der humanitären
Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit und der Friedensförderung
erforderlich.
Am Beispiel Niger lässt
sich das wirksame Ineinandergreifen dieser unterschiedlichen Instrumente der
internationalen Zusammenarbeit – die sogenannte Arbeit im Nexus – gut
veranschaulichen.
Akute Ernährungskrise
Die Ursachen für die Ernährungskrisen im Niger sind vielfältig und
reichen von schweren Dürren oder Überschwemmungen zu Konflikten mit daraus
resultierenden Vertreibungen.
Überschwemmungen und Dürren gehören zu den Hauptursachen
von Ernährungskrisen. Verschärft wird die Situation durch den Klimawandel und
ein starkes Bevölkerungswachstum, aber auch durch verschiedene Konflikte um den
Zugang zu natürlichen Ressourcen und durch grenzüberschreitende Angriffe von
terroristischen Gruppen.
Jährlich leiden mehr als drei
Millionen Menschen unter Ernährungsunsicherheit. Das ist fast ein Fünftel der
Weltbevölkerung. Die Situation ist besonders kritisch, wenn die Ernten vom
Vorjahr aufgebraucht sind und die neuen Ernten noch nicht eingebracht werden
können.
Stärkung Resilienz
Neben Nothilfeaktionen sind
auch Massnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit – der sogenannten
Resilienz – der Lokalbevölkerung gegen künftige Schocks und Notsituationen
nötig. Dabei soll die langfristige Ernährungssicherheit durch die Unterstützung
der lokalen Landwirtschaft gestärkt werden. Die DEZA unterstützt beispielsweise
den Bau von Infrastrukturen zur Wassernutzung und stellt Saatgut und Dünger
bereit.
Nur
indem die Widerstandskraft der bedrohten Bevölkerung gestärkt wird, wird sie
neuen Krisen trotzen können.
Förderung des friedlichen Zusammenlebens
Eine der Hauptursachen von Ernährungskrisen und Hunger
sind gewaltsame Auseinandersetzungen und Kriege. Deshalb ist die
Friedensförderung ein wichtiges Instrument im Kampf gegen
Ernährungsunsicherheit.
Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA
Ziegenprojekts
Im Niger widmen sich rund
90% der erwerbstätigen Bevölkerung der Viehzucht, entweder als Haupterwerb oder
als Nebenerwerb zur Landwirtschaft oder zum Handel. Die nomadische
Viehwirtschaft ist die am weitesten verbreitete Form und klar die wichtigste
Einnahmequelle der nigrischen Viehzüchter. Diese sind von der
Ernährungsunsicherheit ganz besonders schwer betroffen.
In diesem Dorf im Süden des Niger sind wegen der Dürre viele Ziegen
gestorben. Um die fehlenden Einnahmen wettzumachen, mussten die Viehzüchter
einen Grossteil der überlebenden Tiere verkaufen. Wegen ihres schlechten
Gesundheitszustands erhielten sie jedoch nicht viel Geld dafür.
Hier springt die Organisation AREN ein, die die Viehzucht im Niger neu
beleben will. Mit verschiedenen Programmen unterstützt sie die Viehzüchter. In
diesem Dorf verteilte AREN je zwei Ziegen an die Mitglieder einer
Frauenvereinigung. Ein Rotationssystem sorgt dafür, dass am Ende alle Frauen
des Dorfes davon profitieren können.
Transitkorridore
Zahlreiche nigrische Viehzüchter sind Nomaden oder Halbnomaden. Zu Beginn der Trockenzeit wandern sie jeweils mit ihren Herden vom Norden in den Süden des Landes, wo die Böden fruchtbarer sind. Aufgrund des Klimawandels beginnt die Trockenperiode immer früher, und die Viehzüchter ziehen immer früher in den Süden – sogar vor der Ernte. Die Schäden auf den Feldern sind beträchtlich.
Die Situation wird immer kritischer, weil die Bauern wegen des anhaltenden
Bevölkerungswachstums immer mehr Land brauchen, das sie bebauen können. Sie
erweitern ihre Nutzflächen und beanspruchen sogar die traditionellen
Weidekorridore der Nomaden oder die Weideplätze der Hirten und ihrer Herden.
Die Folge sind gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Bauern und
Viehzüchtern.
Seit zwanzig Jahren
unterstützt die DEZA die nomadische Viehwirtschaft im Niger, indem sie lokale,
regionale und nationale Strukturen stärkt. Die Wanderweidewirtschaft soll über
eine gemeinsame Vision bezüglich der Bodennutzung verfügen. Diese Vision ist
Teil der Raumordnungspläne, die mit der Unterstützung der Schweiz erstellt
wurden.
Das Programm trug auch zur Verbesserung des rechtlichen Rahmens der
Weidewirtschaft bei, indem die Ausarbeitung, Anpassung und Verbreitung von
Gesetzestexten zur Weidewirtschaft unterstützt wurden.
Insgesamt wurden 4000km
Transitkorridore erfasst und markiert und 2000 Hektar Weidegebiete
rehabilitiert, was das friedliche Zusammenleben von Viehzüchtern und Bauern
begünstigt.
Mit der Beilegung der Konflikte zwischen Bauern und Viehzüchtern und der
Förderung der Weidewirtschaft wurden beträchtliche Fortschritte im Kampf gegen
den Hunger erzielt. Leider ist die Ernährungssicherheit im Niger trotz all
dieser Anstrengungen in den nächsten Jahren nicht gesichert.
Futtermittelbank
In einem anderen Dorf unterstützt AREN die Viehzüchter beim Aufbau und
bei der Verwaltung einer Futtermittelbank. Das Prinzip ist einfach: Die
Genossenschaft kauft Futter auf dem Markt, wenn die Preise tief sind.
Kurz vor der neuen Ernte, wenn wegen Versorgungsengpässen die Preise
steigen, können die Mitglieder bei der Genossenschaft sehr günstig Futtermittel
einkaufen, manchmal dreimal günstiger als auf dem Markt.
Geld gegen Arbeit (Cash for work)
Aufgrund von Dürren und Überschwemmungen verloren viele Bauern einen Grossteil ihrer Ernten. Sie können also keine Produkte auf dem Markt verkaufen und folglich auch kein Geld verdienen, um ihre Familien zu ernähren.
Mangel- und Unterernährung sind auch auf die fehlenden Einnahmen
zurückzuführen. Die DEZA unterstützt mit ihren lokalen Partnern die ärmsten
Haushalte.
Im Rahmen des Programms
«Geld gegen Arbeit» bauen die Bauern halbmondförmige
Erosionsschutzeinrichtungen, um das Regenwasser aufzufangen und es gezielt in
die Böden zu leiten.
Diese Aktivität begünstigt die Regeneration der Weideplätze und der
landwirtschaftlichen Nutzflächen. Und sie stellt insbesondere eine
Einnahmequelle für die Bauern dar, die für Ernährungssicherheit während
Versorgungsengpässen sorgt.
Nationalen Mechanismus
Die DEZA unterstützt auch den Nationalen Mechanismus zur Prävention und
Bewältigung von Nahrungsmittelkrisen im Niger. Mit diesem staatlichen
Mechanismus werden verschiedene Massnahmen koordiniert und finanziert, und zwar
in den Bereichen Prävention, humanitäre Hile und Rehabilitation nach den
wiederkehrenden Nahrungsmittelkrisen.
Gesundheit und Ernährung
Aktion gegen den Hunger (ACF) gewährleistet die Ausbildung der Freiwilligen in den Dörfern damit die lokale Bevölkerung über Ursachen von Mangelernährung zu informiert wird.
Wird bei einem Kind eine schwere Mangelernährung festgestellt, wird der Mutter empfohlen, mit dem Kind ein ambulantes Ernährungszentrum aufzusuchen.
Wenn ein Kind mit einer schweren akuten Mangelernährung Komplikationen
aufweist, wird es in ein Ernährungszentrum mit Intensivstation eines
Bezirkspitals verlegt.
Die NGO Action contre la faim
unterstützt staatliche Ernährungszentren: Sie finanziert die Löhne von
Pflegepersonal und zusätzlichen Ärztinnen und Ärzten, die Mahlzeiten von
Müttern, die ihre Kinder begleiten, und Medikamente gegen Mangelernährung.
Moringa
Mit einem anderen Projekt will Action contre la faim den Moringabaum bekannter machen und so die Lebensmittelvielfalt in den Familien erhöhen.
Dieser kleine Baum enthält wertvolle Nährstoffe, die als Nahrungsmittelergänzung genutzt werden können. Anbau und Pflege dieser robusten Pflanze, die auch ohne Regen überlebt, sind einfach.
Von den Blättern über die Früchte und Rinde bis zu den Wurzeln kann alles genutzt werden. Die Pflanze ist nicht nur aufgrund ihres Nährstoffgehalts interessant, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht. Mit dem Verkauf von Moringa-Produkten auf dem Markt können die Frauen ein Zusatzeinkommen erwirtschaften.
Im Rahmen dieses Projekts wurden zehn Gärten mit diesen Bäumen
angepflanzt und Frauengruppen zur Verfügung gestellt. Sie befinden sich alle in
Zonen, in denen die kritische Schwelle der Mangelernährung des Niger
überschritten wird.
WFP - Welternährungsprogramm
Um auf diese Krise zu reagieren und Hungersnöte zu vermeiden, unterstützt
die DEZA die Einsätze des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP).
Die UNO-Organisation ist in zwei Bereichen tätig: Nothilfe zur Deckung der
dringlichsten Bedürfnisse und Massnahmen zur Stärkung der Resilienz der
Bevölkerung im Hinblick auf zukünftige Schocks.
In der Region Diffa an der Grenze zu Nigeria leiden derzeit 250’000
Menschen unter Mangelernährung und akuter Ernährungsunsicherheit. Sie mussten
wegen des bewaffneten Konflikts zwischen der Terrororganisation Boko Haram und
der Regierung fliehen.
Die DEZA unerstützt die Einsätze des
Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) und ein Projekt von Action contre la faim (ACF). Beide
Organisationen engagieren sich im Bereich Nothilfe – zur Deckung der
dringlichsten Bedürfnisse – sowie in der Resilienz. Die Nothilfe kann durch die
Verteilung von Nahrungsmitteln oder durch Bargeldzahlungen erfolgen, damit
bedürftige Menschen dringend benötigte Güter kaufen können.